Auf den ersten Blick mag es für viele allenfalls als Randnotiz laufen, dass der Schulchor des Evangelischen Gymnasiums im Rahmen der Städtepartnerschaft Meiningen/Bussy St. Georges Ende April ein Konzert in Bussy gegeben hat.
Zu unterschätzen ist die Bedeutung dieses Austausches in diesen bewegten Zeiten aber aus mehreren Gründen nicht: Wo das Bedürfnis nach Isolation und Abschottung in Europa wie anderswo zunehmend hemmunglos erstarkt, sind es die Bande zwischen den einzelnen Menschen, die über alle Grenzen hinweg zusammenhalten. Und unser Choraustausch ist eben nicht als einmaliges unterhaltsames Erlebnis angelegt, sondern festigt Bekannt- und sogar Freundschaften dort weiter, wo sie letztes Jahr begonnen haben, als der Jugendchor der Musikschule Bussy "J.S. Bach" (Leitung: Dominique Daucet) bei uns in Meiningen willkommen geheißen wurde. Dieses Jahr konnten viele unsere Schüler die Familien ihrer früheren Gäste kennenlernen, die in großen Teilen einem völlig ungewohnten Kulturkreis angehören. Und obwohl unsere Konzertfahrt erst dank der Unterstützung durch den Freundeskreis der Städtepartnerschaft als auch der Stadt Meiningen selbst erst ermöglicht wurde, sind wir unseren französischen Freunden für die Organisation vor Ort, für ihr Engagement, ihre Herzlichkeit und ihre Offenheit besonders dankbar. Das gemeinsame Konzert mit der dortigen Musikschule in Bussy, bei dem unser Chor ein stilistisch sehr breit gestreutes Repertoire unter der Leitung von Sebastian und Melanie Fuhrmann anbieten und Solisten wie Lucia Keil, Gustav Kühn und Konrad Zeisberg musikalisch überzeugen konnten, wurde von französischen Gitarren- und Tanzschülern eingebettet. Die hör- und spürbare Begeisterung der Zuhörer am Ende des Konzerts entschädigte mühelos für die lange Fahrt und die Zusatzproben. Verdiente Entspannung versprach und hielt ein gemeinsamer Abend mit Bowling und einem regelrechten Pizzagelage, den die Stadt Bussy ihren Gästen spendierte, und natürlich lud zudem die Nähe zu Paris zu einem Abstecher ein, auch wenn es ein absolut illusorisches Unterfangen ist, diese Stadt in ein paar Stunden wirklich kennenlernen zu wollen. Für nachhaltige Eindrücke und Eiffelturmselfies hat es aber allemal gereicht. Einen dabei weniger angenehmen, für unsere Schüler im Sinne der Teilhabe am Zeitgeschehen aber umso wichtigeren Eindruck bot dabei die lädierte Champs Elysees, die mit ihren unzähligen eingeschlagen und verbarrikadierten Fenstern so gar nichts mehr vom französischem Belle Vie spüren ließen. Auch das innere Aufatmen, als alle Schüler wieder wohlbehalten in das freundliche Bussy zurückgekehrt waren, stimmte die Erwachsenen durchaus nachdenklich. Unter ähnlichen Vorzeichen gestaltete sich der von den Schülern sehr dankbar angenommene Besuch von Disneyland - immerhin liegt das noch sehr junge Bussy "strategisch" äußerst günstig mittig zwischen Paris und dem Freizeitpark - wo es abends noch, glücklicherweise erst nach unserer Rückkehr, wegen technisch bedingter Schussgeräusche zu einer Massenpanik mit einigen Verletzten kam. Und genau weil wegen der politischen Lage eine gewisse innere Anspannung ein stiller Begleiter unserer Fahrt war, ist diese Art von kulturellem Austausch zwischen jungen Menschen, besonders durch die universale Sprache der Musik, nicht einfach nur charmant und unterhaltsam, sondern zukunftsbildend. Der Gegenbesuch in Meiningen wurde bereits per Handschlag besiegelt - wo wir letztes Jahr noch Fremde erwartet haben, freuen wir uns nun auf Freunde.